Metanephrine

Unter dem Begriff Metanephrine (Metanephrin, Normetanephrin, 3-Methoxytyramin) werden Abbauprodukte der Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin) zusammengefasst. Weitere Abbauprodukte sind die sauren Metabolite VMS und HVS. Katecholamine sind exzitatorische Neurotransmitter und Hormone. Sie entfalten ihre Wirkung an den sympathischen alpha- und betaadrenergen Rezeptoren des Herz-Kreislaufsystems.

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Klinische Bedeutung und biochemische Diagnostik

Katecholamine und Metanephrine werden insbesondere zur Dia- gnostik hormonaktiver Tumore des sympatho-adrenalen Systems (Neuroblastome, Phäochromocytome) bestimmt.

Phäochromocytom
Leitsymptom ist der Bluthochdruck, als therapierefraktäre Dauerhypertonie oder anfallsweise mit hypertensiven Krisen (siehe Tab. 1). Phäochromocytome treten isoliert oder im Rahmen endokriner Neoplasien (z. B. MEN-2, vHLS, M. Recklinghausen) auf. Insbesondere bei jüngeren Patienten mit positiver Familienanamnese, bilateralen oder extraadrenalen Phäochromocytomen sollte an eine familiäre Erkrankung gedacht werden.

Neuroblastom
Neuroblastome sind überwiegend im Kindesalter auftretende Neubildungen der Neuralleiste. Hier kommt es insbesondere zur vermehrten Bildung von Dopamin und dessen Abbauprodukten (3-Methoxytyramin, HVS).

Der labordiagnostische Nachweis eines Phäochromocytoms basiert auf dem Nachweis erhöhter Katecholamine bzw. deren Abbauprodukte.

Da die Katecholaminverstoffwechselung auch im Tumor selbst erfolgt (Adrenalin zu Metanephrin, Noradrenalin zu Normetanephrin und Dopamin zu 3-Methoxytyramin), hat sich die Bestimmung der Metanephrine im Plasma gegenüber der Katecholaminbestimmung als sensitivste Methode herausgestellt. Die Bestimmung der Katecholamine oder der sauren Metabolite (VMS, HVS) im angesäuerten 24h-Sammelurin hat sich als weniger sensitiv und aufgrund der aufwändigen Urinsammlung potentiell fehlerbehaftet gezeigt.

 

Tab. 1: Symptome/klinische Zeichen des Phäochromocytoms1

Symptome Häufigkeit
Hypertonie 80-100%
Dauerhypertonie, Anfallsweise 40-50%
Kopfschmerzen 70-90%
Schweißausbrüche 65-70%
Palpitationen 50-70%
Wärmeintoleranz 40-70%
Tremor 40-50%
Blässe 40-45%
Gewichtsverlust 35-40%
Nervosität, Panik- und Angstzustände 35-40%
Pektanginöse Beschwerden: Übelkeit, Blässe, Erbrechen, Tinnitus, Blutzuckererhöhung 20-50%

 

Diagnostisches Vorgehen

Basisdiagnostik
Screening erfolgt mittels Bestimmung der Metanephrine im Plasma. Bei mehr als dreifach erhöhtem oberem Normbereich gilt ein Phäochromocytom als bewiesen. Bei niedriger erhöhten Werten, wird die erweiterte Diagnostik empfohlen. Im negativen Fall kann ein Phäochromocytomverdacht weitgehend ausgeschlossen werden.

Erweiterte Diagnostik
Bei einem grenzwertigen Ergebnis der Basisdiagnostik wird empfohlen, die Katecholamine und Metanephrine im angesäuerten 24h-Sammelurin zu untersuchen. Wenn ein Testergebnis mehr als dreifach erhöht ist, gilt das Phäochromocytom als bewiesen. Beide Testergebnisse negativ, schließen eine diesbezügliche Erkrankung aus. In einem grenzwertig erhöhtem Fall (Werte kleiner dreifach erhöht), wird zur Bestätigung der Diagnose ein Clonidintest durchgeführt. Hier verweisen wir auf endokrinologische Spezialpraxen.
Sollte trotz normaler labordiagnostischer Ergebnisse der dringende klinische Verdacht auf ein Phäochromocytom fortbestehen, ist eine Wiederholungsuntersuchung anzuraten.

Präanalytik

Zur Vermeidung falsch positiver Ergebnisse wird empfohlen, die Blutabnahme liegend nach einer 20 minütigen Ruhephase durchzuführen. Verschiedene Nahrungsmittel (Nüsse, Süd- u. Zitrus- früchte, kakao-, kaffee- u. vanillehaltige Produkte), sowie physischen und psychischen Stress bitte meiden. Die Blutentnahme sollte nicht nach den Mahlzeiten erfolgen.
Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei der Bestimmung der Katecholamine und Metabolite mehrere Faktoren das Testergebnis beeinflussen können. Folgende Wirkstoffe führen zu Interferenzen:

  1. Hohe Medikamentenkonzentrationen von Isoprotenerol frühen zu einer Erhöhung von Normetanephrin.
  2. Isoprotenerol vermindert 3-Methoxytyramin: Um falsch-negative diagnostische Befunde zu vermeiden, sollte das Ergebnis des 3-Methoxytyramin bei Anwesenheit von Isoprotenerol nicht verwendet werden.
  3. Ephedrin erhöht 3-Methoxytyramin Werte stark und sollte bei Gabe von Ephedrin nicht für die Diagnostik herangezogen werden. Des Weiteren sind trizyklische Antidepressiva, Phenoxybenzyamin, Levodopa oder Amphetamine und Genussmittel (Nikotin, Alkohol) störende Faktoren.
 

Fazit

 

  • Die Bestimmung der Metanephrine im Plasma ist die sensitivste Methode zur Differentialdiagnostik eines Phäochromocytoms.
  • Ein unklarer Symptomenkomplex plus Hypertonie kann auf ein Phäochromocytom hinweisen.
  • Junge oder therapierefraktäre Hypertoniker, sowie familiäre Häufungen weisen auf ein Phäochromocytom hin.
  • Die Blutabnahme im Liegen nach ca. 20 min. Ruhe vermeidet falsch positive Ergebnisse.
  • Medikamente und Genussmittel können die Ergebnisse verfälschen.

 

Stand: April 2018

Literatur

  1. „Eine bunte Palette an Symptomen“, PD Dr. med. Holger S. Willenberg, PD Dr. med. Marcus Quinkler, MMW - Fortschr. Med. Nr. 7/2010 (152.Jg.)
  2. G. Eisenhofer, P. Lattke, M. Herberg, G. Siegert, N. Qin, R. Därr, J. Hoyer, A. Villringer, A. Prejbisz, A. Januszewicz, A. Remaley, V. Martucci, K. Pacak, H. Alec Ross, F.C.G.J. Sweep, J.W.M. Lenders: Reference intervals for plasma free metanephrines with an age adjustment for normetanephrine for optimized laboratory testing of phaeochromocytoma, Ann Clin Biochem 2013, 50, 62-69
  3. M. Peitzsch, A. Prejbisz, M. Kroiß, F. Beuschlein, W. Arlt, A. Januszewicz, G. Siegert, G. Eisenhofer: Analyis of plasma 3- methoxytyramine, norme- tanephrine and metanephrine by ultraperformance liquid chromatography-tandem mass spectrometry: utility for diagnosis of dopamine-producing me- tastatic phaeochromocytoma, Ann Clin Biochem 2013, 50, 147-155
  4. Eisenhofer, Peitzsch, C. McWhinney, Impact of LC-MS/MS on the laboratory diagnosis of catecholamine- producing tumors, Trends in Analytical Chemistry (2016), doi: 10.1016/j.trac.2016.01.027

Autoren

MSci. Alexander Lubahn und Dr. med. Dr. rer. nat. Gerrit Hommers